Sitavis

Aus Kreiswanderer

– die gierige Verschlingerin

Als der Seelenbrand die sterblichen Reiche durchflutete, hat er sich nicht nur die Verdorbenen und Bösartigen verschlungen, sondern auch die Verzweifelten und Schwachen. Manche dieser armen Seelen haben ihr Schicksal bei weitem nicht verdient und dennoch hat sie der dämonische Ruf ereilt und korrumpiert. Weder Sitavis menschliche Geschichte noch ihr Name sind mir derzeit bekannt. Den schicksalshaften Tag ihres Seelenbrandes konnte ich jedoch anhand mehrerer Quellen rekonstruieren. Ich werde mich im Folgenden jedoch auf die für diese Abhandlung relevanten Geschehnisse beschränken.


Einige tragische Ereignisse führten dazu, dass sich die menschliche Frau mit einer Freundin auf den Alpen in einer lebensbedrohlichen Lage wiederfand. Fernab der gängigen Routen gerieten sie bei einer Wanderung in einen Erdrutsch. Während Sitavis den Absturz wohl schwer verletzt überlebte, kam ihre Freundin dabei um – ein milderes Schicksal, wenn man bedenkt was noch folgen sollte. Die Überlebende hatte nicht das Glück, dass sie gefunden wurde, schaffte es jedoch sich in Ihrer Notlage soweit vor Wind und Wetter zu schützen, dass sie nicht an einer Lungenentzündung starb. Doch verspottete Sie das Schicksal, indem ein Regenschauer genau dann etwas Wasser spendete, als der Durst unerträglich wurde und somit Hoffnung in ihr weckte...bis sich der Hunger bemerkbar machte. Das unvermeidliche Ende kam als sie, wahnsinnig vor Hunger, das Fleisch ihrer toten Freundin verzerrte und an dem längst verrotteten Fleisch verendete. Es wundert daher nicht, dass sie in den fünften Kreis und der Domäne des Hungers, des Durstes und der Gier gezogen wurde, wo sie seither herrscht. Sitavis ist eine unersättliche Kreatur, die missgünstig auf die Lebenden schaut und sich vor Neid verzehrt. Dies ist auch der Grund, warum sie ihre gierige Zunge nach der Domäne des Körpers ausstreckt. Sie ist erst zufrieden, wenn sie die gesamte Welt verschlungen hat. Wer die dämonische Chimäre an seine Seite holt, sollte sich dessen zu jederzeit bewusst sein, versucht jene doch durch ihre verlockenden Einflüsterungen die Gier des Beschwörers zu wecken. Wer nicht willensstark genug ist, sollte vor der Beschwörung darüber nachdenken, sich einen Schutzzauber zu sprechen oder gar ein Schutzamulett gegen dämonische Beeinflussungen zuzulegen. Beachtet hierbei, dass die Zauber mindestens dem fünften Initationsgrad entspringen müssen, da sie sonst zu schwach sind und innerhalb weniger Stunden brechen werden. Solltet ihr während der ersten 4 Stunden nach der Beschwörung merken, dass sich euer Durst oder euer Hunger nicht stillen lässt, solltet ihr sofort einen hochrangigen Bannmagier aufsuchen. Andernfalls seid ihr verloren: Die Dämonin wird eure Begierde nutzen um euch zu lenken, euer Mund wird euch wässrig vor unstillbarem Verlangen oder schmerzhaft austrocknen, während ihr versucht jene Flüssigkeit zu finden, die euren Durst endlich lindert. Je nachdem, wie euch die Gierige verflucht, werdet ihr wahnhaft sabbernd jene Dinge in euch reinfressen, die euch von ihr serviert werden oder ihr verdurstend und ausgetrocknet zu Füßen liegen und sie um etwas zu Trinken anflehen. Seid euch jedoch bewusst, dass die verdorbene Genießerin euch keine menschliche Nahrung geben wird und all jene Substanzen die sie zur Verfügung stellt, aus ihrer verdorbenen Domäne kommen und eure Seele verderben werden. Doch begnügt sich die Dämonin nicht damit euch dabei zuzuschauen wie ihr wahnsinnig werdet und verendet. Nein, sie wird euch an einen entlegenen Ort füttern und sich an eurer ständig wachsenden Gier laben. Fast mütterlich wird sie euch in ihren Schwingen wiegen, während sie eure verdorbenen Bedürfnisse stillt und euch mit ihrer unnatürlichen, langen Zunge liebkost – als prüfe sie ein gutes Stück Fleisch. Erst wenn sie ihr eigener Hunger förmlich wahnsinnig vor Begierde werden lässt, verschlingt sie euch mit Haut und Haar. Seid also gewarnt und bereitet euch gut vor, wenn ihr euch die gierige Verschlingerin zu Nutze machen wollt. Andernfalls werdet ihr als ein dämonisches Festmahl enden.

Die Beschwörung

Die Beschwörung von Sitavis verlangt selbst einem geübten Beschwörer einiges ab, lässt sich die gierige Chimäre doch nur herbeirufen, wenn man ihr etwas opfert, dass man selbst begehrt. Ihr solltet euch im Vorfeld also in tiefe Meditation begeben und darüber sinnieren, was ihr kaum hergeben mögt. Vielleicht habt ihr ein altes Familienerbstück, eine unbezahlbares Kunstwerk oder ein Foto, dass unersetzbare Erinnerungen in euch weckt. Bereitet euch darauf vor, dass die Verschlingerin dies von euch fordern und eine Weigerung euren sicheren Tod zur Folge haben wird. Allerdings möchte ich euch warnen, denn es sind mir auch schon Fälle zu Ohren gekommen, in denen das geforderte Opfer menschlicher Natur war. Wenn ihr aktuell einer jungen Liebe frönt, beschwört Sitavis unter keinen umständen oder sie wird euer Glück verschlingen. Habt ihr euch mental ausreichend vorbereitet und seid ihr bereit euer Opfer zu bringen, so benötigt ihr noch 500 ml menschlichen Speichel, 500 ml von eurem eigenen Blut,den feinsten roten Wein den ihr finden könnt und ein in euren Augen köstliche Mahl, dass zu der entsprechenden Tageszeit passt zu der die Beschwörung stattfindet. Einen zeitlichen Rahmen für die Vorbereitungen gibt es nicht, jedoch müsst ihr einen Raum sehr speziell einrichten, damit die Beschwörung funktioniert. Zuerst zeichnet ihr einen Beschwörungskreis für dämonische Chimärenwesen der ersten Klasse auf den Boden. Hierbei ist zu beachten, dass ihr die eine Hälfte mit eurem gesammelten Blut zeichnet und die andere mit dem Speichel (diesen könnt ihr allerdings der Einfachheit halber mit Kohle schwarz färben, damit ihr die Linien besser sehen könnt). Ist der Kreis getrocknet, bedeckt diesen mit einem Teppich und platziert einen Tisch mit 2 Stühlen darauf und deckt diesen für 2 Personen. In die Mitte des Tisches legt ihr das Objekt eurer Begierde, welches als Opfer dienen soll. Handelt es sich hierbei um ein lebendes Wesen, so müsst ihr dieses entsprechend anbinden oder anderweitig befestigen, damit es dort ruhig liegen bleibt. Handelt es bei dem Opfer um einen Menschen, so müssen Raum und Tisch groß genug sein, dass dieser darauf gut platziert werden kann. Habt ihr den Tisch gedeckt, das Opfer platziert und das Mahl zubereitet und aufgetischt, wird es Zeit für das Beschwörungsritual. Hierfür müsst ihr euch an den Tisch setzen und intoniert die Beschwörungsformel passend zum Kreis. Jedoch ersetzt ihr die letzten beiden Sätze durch folgende Formulierung: "Oh unersättliche Chimäre, ich lade dich ein an meinen Tisch und möchte mit dir Speisen. Sitavis, sei mein Gast." Seid gewarnt, denn es wird sich ein Riss im Weltengefüge öffnen, aus dem undefinierbare Sekrete tropfen und sich die wahre Gestalt der Gierigen in unsere Realität drückt. Kurz mag man ihre feucht glänzenden Schwingen erahnen, bevor sie im nächsten Wimpernschlag in menschlicher Gestalt vor einem steht. Unter schmatzenden, widerlichen Geräuschen wird sich der Riss langsam über ihr schließen, während sie barfüßig auf den Tisch zu schreitet – in elegantem Kleid gekleidet – und sich zu euch an den Tisch setzt. Eine lange, schleimige Zunge wird sich aus ihrem Mund sodann gen Tischmitte strecken und, einem Fühler gleich, die Opfergabe förmlich abschmecken. Ist euer Angebot angemessen, wird sich diese um das Objekt oder bemitleidenswerte Wesen winden, einer Schlange gleich den gesamten Korpus umschmiegen und diesen dann in den Schlund der Dämonin ziehen, welcher sich, bar jeder Realität ausdehen wird. Ist dieses schreckliche Schauspiel vorbei, habt ihr endlich Sitavis volle Aufmerksamkeit und könnt den Inhalt und die Dauer ihres Dienstes besprechen. Falls euch zu diesem Zeitpunkt der Appetit vergangen sein sollte, bedenkt: Der Pakt kommt nur zustande, wenn ihr mindestens einen Bissen gegessen und einen Becher Wein mit der Dämonin getrunken habt. Sollte euer Opfer übrigens für die Chimäre nicht ausreichend sein oder ihr den Pakt nicht erfolgreich besiegeln können, so wird sich schlagartig die wahre Gestalt des Monsters vor euch entfalten. Ihr werdet sicherlich nicht mal dazu kommen vom Stuhl aufzustehen, bevor euch die dämonische Zunge umschlungen hat und euch höchstwahrscheinlich samt des Sitzmöbels ins Maul der gierigen Verschlingerin zerrt.

Die Gestalt

Zu diesem Zeitpunkt möchte ich euch endlich die volle Gestalt der hungrigen Chimäre offenbaren, entspringt ihre Form doch wahrlich den wirren Erschaffern der Niederhöllen. Im ersten Moment mag man meinen, dass es sich bei Sitavis um eine große, mächtige Harpyie handelt, zeigt sie doch deutliche Züge der weiblichen Vogelmischwesen. Doch im nächsten Moment sind es nicht nur die 3 Paare praller Brüste, die deutlich machen, dass es sich um ein anderes, viel verdorberneres Wesen handelt. Ihr menschenähnliches Gesicht starrt euch aus roten, geschlitzten Schlangenaugen an und ihr gierig, geöffneter Mund offenbart zwischen den sinnlich geschwungenen Lippen eine kräftige, scheinbar meterlange Zunge, die nur so vor verdorbenen Sekreten trieft. In ihrem scheinbar zahnlosen Mund verbergen sich zwei große, ausfahrbare Giftzähne, deren dämonisches Gift ich noch später erläutern werde. Jede ihrer Schwingen ist größer als ein Mann und zwischen dem rotbraunem Gefieder sind an ihrem ganzen Leib reptilienartige grau-grünliche Schuppen zu erahnen. Wahrlich eine Kreatur die dem Namen Chimäre gerecht wird! Besonders wenn Sitavis in unserer Welt unterwegs ist, kann sie ihre Gestalt nur aufrechterhalten, wenn sie Angst und Schrecken verbreiten möchte. Tatsächlich liebt es die Dämonin jedoch auch im Verborgenen zu wirken und nimmt daher gerne eine humanoide Form an, welche sie auch beim Beschwörungsritual zeigt: Eine verführerisch wirkende Frau mit pechschwarzen Haaren und ebenso schwarzen Augen. Ihre üppigen Rundungen hüllt sie in edle Kleider, die viel Haut zeigen und jede andere edle Abendgarnitur trist erscheinen lassen. Es gibt jedoch auch Berichte die von einer gänzlich gegenteiligen Form zu erzählen wissen. Nämlich jene einer dürren, hageren Gestalt deren braunes, stumpfes Haar glanzlos gen Boden hängt und die völlig in Lumpen gehüllt ist. Es scheint so, als wenn sie dieses Aussehen wählt, wenn sie die Fürsorglichen, Helfenden und Selbstaufopfernden in ihre gierige Falle locken möchte – lässt sie sich doch nur zu gerne von diesen aufnehmen und umsorgen. Ein durch ihr Wirken verstärkter Fürsorgewahn endet schnell in kompletter Selbstaufgabe der armen Narren, die sie blauäugig adoptieren. Doch es gibt ein Warnzeichen für das ihr euch sensibilisieren sollten. Denn egal welche Form sie auch annehmen mag, ihre Zunge wird immer gierig über ihre Lippen fahren und länger sein als die eines normalen Menschen – also gebt Acht! Bevorzugt der Beschwörer eine unauffälligere Erscheinung seiner Begleiterin, so kann sie sich übrigens auch in eine blass-weiße Schlange verwandeln. Als jene wird sie sich lieblich auf die Schultern und um den Hals des Magiers schmiegen, um ihm bei Bedarf ihren listigen Rat ins Ohr zu zischeln.

Die Fähigkeiten

Nachdem ihr nun im Bilde über Sitavis Wesen und der Beschwörung seid, möchte ich euch über die Fähigkeiten der Ewig Hungrigen aufklären und somit über den Nutzen, den die Beschwörung mit sich bringt. Es ist bis hierhin schonmal offensichtlich, dass die Dämonin Einfluss auf das Hunger- und Durstgefühl eines Menschen einwirken kann. Sie kann beide bis hin zum Wahnsinn verstärken oder komplett versiegen lassen. Doch damit hört ihr Einfluss noch nicht auf, kann sie doch auch auf die psychischen Ebenen von Hunger und Durst zugreifen. Somit kann sie dafür sorgen, dass ihr Opfer genüsslich und gierig lebendige Schnecken verschlingt, wie ein Verdurstender Toilettenreiniger trinkt oder sich nach anderen, perversen Dingen verzehrt und diese vertilgt, sobald man sie ihm nur reicht. Aber auch immaterielle Dinge wie Machthunger, das Dürsten nach Nähe oder Gesprächen kann sie auf ein perverses Maß anheben und Menschen so durchschaubar, lenkbar und wahnsinnig machen kann. Besonders für Herrscher, Magiern in Führungspositionen oder Politiker kann diese Fähigkeit von enormem Nutzen sein. Allerdings kann sie jene Bedürfnisse auch nachhaltig stillen. Besonders für Beschwörer die gewisse Dinge nie erreichen werden können, ist diese Fähigkeit sehr verlockend, kann sie einem doch emotionale Zufriedenheit und Erfüllung schenken. Doch obacht! Ohne die oben erwähnten Schutzmaßnahmen werdet ihr bei dieser Anwendungsmöglichkeit nur zu schnell ein williges Opfer der unersättlichen Chimäre. Bezüglich der Stillung von Bedürfnissen bietet einem Sitavis nur zu gerne noch eine weitere Möglichkeit an: Sie kann in schier unendlicher Menge eine Flüssigkeit erschaffen, die Hunger und Durst stillt und den Körper mit allen wichtigen Nährstoffen versorgt. Außerdem scheint diese Substanz das Immunsystem eines Menschen nachhaltig zu stärken und hat nachweislich einen enorm heilenden Einfluss auf sämtliche Erkrankungen – wahrlich erstaunlich, wenn man die dämonische Herkunft dieses Liquids bedenkt. Wer aber denkt, dass dieser Nährstoff keine Nebenwirkungen hat ist ein törichter Narr! Denn im Kern ist dieses Heil- und Nährmittel eine hochpotente, dämonische Droge die höchst abhängig macht und einen an die gierige Verschlingerin bindet. Es gibt nur wenige Zauber, die diese Abhängigkeit verhindern oder heilen können. Neben diesem scheinbaren Allheilmittel und dämonischem Pendant zum Ambrosia gibt es noch das vorhin erwähnte Gift, dass die oberste der Chimären in ihren Zähnen trägt und manchmal jenen injiziert, die sie gar allzu sehr reizen. Zu diesem Toxin gibt es bisher kein bekanntes Gegenmittel, daher kann ich nur all jenen die es in sich tragen dazu raten, ihr Leben am besten so schnell wie möglich selber zu beenden. Sobald die Substanz auch nur auf eine Schleimhaut gerät gelangt sie ins Blut und wird dafür sorgen, dass das Opfer einen zunehmenden Durst entwickelt. Aber nicht nur das! Gleichzeitig wird der Körper des Sterbenden immer weniger Körperflüssigkeiten produzieren. Zuerst versiegt der Speichelfluss, danach die Tränenflüssigkeit gefolgt von den restlichen Verdauungssäften. Egal wieviel Wasser ihr auch trinken mögt, ihr werdet innerhalb von 3 Tagen komplett verdorren. Allerdings kann dieses dämonische Mischwesen die Wirkung des Giftes auch in das exakte Gegenteil verändern. In diesem Falle bleibt zwar das steigende Durstgefühl bestehen, allerdings fängt der Körper des Opfers an unkontrolliert und in immer größeren Mengen Speichel, Tränenflüssigkeit und später auch andere Körpersäfte zu produzieren. Ich muss euch denke ich nicht sagen, dass auch dieser Vorgang sehr schnell dazu führen wird, dass der Leib völlig vertrocknet und der Vergiftete qualvoll und unappetitlich verendet. Wer von euch nun tatsächlich darüber nachdenkt, jemanden dieses Gift verabreichen zu wollen, ist Jenseits meines Einflussbereiches und wird, egal welche Worte ich nun an ihn richte, zur Tat schreiten. So verbleibe ich also nur mit folgenden Rat: In den Kreisen der Hölle ist es von Vorteil, wenn man weiß wie man sich bückt. Alle anderen kann ich nur deutlichst drum bitten, euch intensiv mit der Frage zu beschäftigen, ob der Nutzen von Sitavis Fähigkeiten euer Opfer wirklich aufwiegen kann.